Natürliche Textilfasern aus Bambus
Nach jahrelanger Forschung ist es gelungen aus Bambus spinnbare Naturfasern zu gewinnen. Die Betonung liegt hierbei auf Naturfaser. Das neue Material darf nicht mit dem verwechselt werden, das seit Jahren unter dem Begriff “Bambusfaser” im Handel ist. Bisherige “Bambusfasern” sind nichts weiter als Viskose, die eben aus Bambuszellulose statt aus Holz hergestellt wird.
Die neue, natürliche Bambusfaser wird ohne chemische Veränderung aus dem Bambushalm herausgelöst. Das Zerlegen der Bambushalme übernehmen die, die das schon seit Milliarden Jahren machen – Bakterien.
Wenn Bambus in der Natur verrottet stürzt sich eine Phalanx unterschiedlichster Bakterien und Pilze auf das Material. Gemeinsam zerlegen sie alle Holzbestandteile, und nach einigen Wochen bleibt nur ein Häufchen Humus übrig. Das ist sehr effektiv, bringt aber nicht das gewünschte Ergebnis. Zum Glück bevorzugt jede der Mikrobenarten einen bestimmten Anteil des Bambus-Holzes. Die Geschmäcker sind eben auch bei Bakterien verschieden.
So entstand die Idee, in den natürlichen Verrottungsprozess lenkend einzugreifen.
Zunächst war zu klären, welche Bakterienarten überhaupt am Verrotten von Bambus beteiligt sind. Es wurden 28 verschiedene Arten aus vier Familien gefunden, die in gemeinschaftlicher Arbeit solide Bambushalme in Staub verwandeln. Ein Paper über diese Forschung findest du hier.
In geschlossenen Behältern konnte man nun die Bedingungen so steuern, dass sich manche Bakterienarten besonders wohl fühlten, andere aber nicht.
Schießlich fand man Bedingungen unter denen sich nur diejenigen Bakterien vermehrten, die sich vom Material zwischen den Fasern ernähren. Das Ergebnis dieser “gesteuerten Verrottung” sind feine Bastfasern. Die separierten Rohfasern sind gewisser Maßen die “Knochen” von der Tafel der Bakterien. Eine chinesische Forschergruppe um Jiajia Fu hat das Verfahren entwickelt und 2011 patentiert.
Inzwischen ist es einer Schweizer Spinnerei gelungen, die Rohfasern mechanisch soweit aufzuabeiten, dass sie zusammen mit Baumwolle, Merino oder Seide zu einem feinen Mischgarn gesponnen werden können. Der Bambus-Anteil dieser Garne beträgt bis zu 70 Prozent. Garn aus 100 Prozent Bambusfasern kann unseres Wissens bisher nicht hergestellt werden.
Wir haben dieses besondere Garn – eine Mischung aus Bambus, Merino und Seide – in verschiedenen Tragetüchern verarbeitet, solange es erhältlich war. Die daraus entstandenen Babytragen überzeugten durch ihre angenehme Haptik und ihr temperaturausgleichendes Tragegefühl.
Später angebotene Garne aus „reinem Bambus“ erwiesen sich leider stets als Viskose. Da der Herstellungsprozess hier ein völlig anderer ist, haben wir uns bewusst dagegen entschieden, diese zu verwenden.